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Kennst du Leo Tolstoi? 

Martin Schneider

Der junge Tolstoi ist impulsiv, schlägt oft über die Stränge, zieht freiwillig als Soldat in den Krieg. Er steckt voller Ideale und möchte die Welt bessern. 


ISBN 978-3-937601-83-0
Preis 12,80 €    

Der Bürger Marsilius

Der Bürger Marsilius

Ludwig Bechstein

Ludwig Bechstein wurde am 24. 11.1801 in Weimar geboren. Im Alter von neun Jahren wurde er von einem Verwandten als Pflegekind zu sich geholt. Nachdem er 1819 seine schulische Ausbildung abbrach, begann er eine Apothekerlehre in Arnstadt. Seine Hingabe galt jedoch schon damals der Literatur. 1823 veröffentlichte er sein erstes Buch „Thüringische Volksmärchen", 1829 erschienen die „Märchenbilder und Erzählungen" in Leipzig. Außerdem veröffentlichte er Sonette und Gedichte. Der junge Bechstein zog die Aufmerksamkeit des Herzogs Bernhard von Sachsen- Meiningen auf sich, der ihm kurzerhand ein Stipendium für ein Studium der Literatur, Philosophie, Geschichte und Kunst in Leipzig und München (bis 1831) gewährte. Nach seinem Studium kam Ludwig Bechstein nach Meiningen zurück, dort erhielt er eine Anstellung als Bibliothekar, später als Archivar. 1845 veröffentlicht Ludwig Bechstein das „Deutsche Märchenbuch", mit dem er eine Märchensage für das ganze Land schaffen wollte. 1853 erscheint das „Deutsche Sagenbuch" mit über 1000 Sagen, geordnet nach Regionen. Bis 1853 gab es elf Auflagen des Deutschen Märchenbuches, 1856 erschien als Fortsetzung das „Neue deutsche Märchenbuch" mit 80 Texten, darunter zahlreiche Sagen. Am 14. Mai 1860 verstarb Ludwig Bechstein in Meiningen an der Wassersucht.

Julia Meyer

Ludwig Bechstein: Der Bürger Marsilius

Zu den Heidenzeiten geschah es, daß ein römischer Kaiser Köln belagerte und  es in große Not brachte. Es begann in der Stadt an allem zu mangeln, am meisten  aber war Mangel am Holz. Da war ein edler Bürger und Hauptmann in der Stadt gesessen, der hieß Marsilius, der ersann einen listigen Anschlag und gab guten Rat. Eine Schar Frauen, als Männer verkleidet, mußte mit Karren und Holzwagen zu dem einen Tore aus und nach dem Walde ziehen, dort Holz zu fällen oder auch nur  so zu tun, als sei das der Schar Geschäft und Wille, die Bürger aber unter ihrem Führer Marsilius zogen zu einem andern Tore hinaus, um den Feind, sobald er sich gegen die Schar der Frauen wenden würde, in den Rücken zu fallen. Und es geschah alles so, wie es vorgesehen war, und die Bürger drangen mit großer Macht auf den Feind, und auch die Frauen trugen ihre Wehren nicht zum Schein, und die Kölner gewannen einen vollständigen Sieg, erwarben viele Beute und gewannen eine große Schar von Gefangenen, darunter den Kaiser selbst, der ihre Stadt belagert. Der ward in einen tiefen Turm gelegt und sollte dann auf offenem Markte enthauptet werden. Schon war ein köstlicher Teppich bereitet, der des Römerkaisers Blut trinken sollte, und schon mußte der Kaiser auf ihn niederknieen; da sprach er: Ließet ihr mich leben, ihr Bürger von Colonia, so sollte euch mein Leben viel nützer sein denn mein Tod. - Da wurde dem Henker geboten, noch zu harren, und wurde noch einmal Rat gehalten, und Marsilius riet, dem Kaiser das Leben zu schenken, aber von ihm stattliche Gerechtsame zu begehren. Der Rat war den Kölnern abermals genehm, und Marsilius und die Senatoren entwarfen die Gerechtsame, welche sie fordern wollten, und schrieben sie auf eine glatte Tierhaut, und der Kaiser mußte sie besiegeln und seinen großen Ring in ein dickes Stück Wachs auf dem pergamentnen Brief drücken und seinen Namenszug danebenschreiben nach alter Sitte. Solches geschah an einem Donnerstage im Monat Junius, und hernachmals haben die zu Köln fort und fort am Donnerstag nach dem heiligen Pfingstfest diesen Tag begangen und ihn Holzfahrttag geheißen und sind mit Gesang und Spiel und Festlust nach dem Walde gezogen. Marsilius aber ward ob seines guten Rates hoch geehrt und der Stadt vornehmster Bürger und Hauptmann, und als er gestorben war, wurde sein Sarg in die Stadtmauer beigesetzt, da, wo man es nachher zu St. Aposteln genannt hat, und ihm ein steinern Denkmal aufgerichtet. Auch ist seine Bildsäule noch am Gürzenich zu sehen, dem alten Kauf- und Ballhaus der Stadt Köln, neben ihrem Begründer Marcus Agrippa, zu ewigen Ehren und Gedächtnis.

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Ludwig Bechstein, Deutsches Sagenbuch, Leipzig 1930

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