Ludwig Bechstein wurde am 24. 11.1801 in Weimar geboren. Im Alter von neun Jahren wurde er von einem Verwandten als Pflegekind zu sich geholt. Nachdem er 1819 seine schulische Ausbildung abbrach, begann er eine Apothekerlehre in Arnstadt. Seine Hingabe galt jedoch schon damals der Literatur. 1823 veröffentlichte er sein erstes Buch „Thüringische Volksmärchen", 1829 erschienen die „Märchenbilder und Erzählungen" in Leipzig. Außerdem veröffentlichte er Sonette und Gedichte. Der junge Bechstein zog die Aufmerksamkeit des Herzogs Bernhard von Sachsen- Meiningen auf sich, der ihm kurzerhand ein Stipendium für ein Studium der Literatur, Philosophie, Geschichte und Kunst in Leipzig und München (bis 1831) gewährte. Nach seinem Studium kam Ludwig Bechstein nach Meiningen zurück, dort erhielt er eine Anstellung als Bibliothekar, später als Archivar. 1845 veröffentlicht Ludwig Bechstein das „Deutsche Märchenbuch", mit dem er eine Märchensage für das ganze Land schaffen wollte. 1853 erscheint das „Deutsche Sagenbuch" mit über 1000 Sagen, geordnet nach Regionen. Bis 1853 gab es elf Auflagen des Deutschen Märchenbuches, 1856 erschien als Fortsetzung das „Neue deutsche Märchenbuch" mit 80 Texten, darunter zahlreiche Sagen. Am 14. Mai 1860 verstarb Ludwig Bechstein in Meiningen an der Wassersucht.
Julia Meyer
Es war ein berühmter Mönch und hochgelahrter Doktor des Namens Albertus Magnus, vordessen Bischof zu Regensburg und hernachmals zu Köln am Rheine gestorben und begraben. Er war in allen hohen Künsten erfahren, ja auch ein Baumeister. Manche sagen, daß Albertus Magnus den Grundplan des Kölner Doms erfunden und aufgezeichnet habe, und das Chor der vormaligen Dominikanerkirche habe er auch erbaut. In dieser Kirche ruhten seine Gebeine, kamen aber in St. Andreas' Kirche, als jene der Dominikaner ihre Zerstörung fand.
Im Jahre 1248 kam Kaiser Wilhelm von Holland, Kaiser Friedrich des Zweiten Gegenkaiser, mit ziemlichem Hofstaate gen Köln, und zwar am Tage der heiligen drei Könige, den bat, samt seinem Hofe, Albertus in seinen Klostergarten zu den Predigern zu Gaste. Es war große Kälte eingetreten und fiel ein starker tiefer Schnee, da meinten die Räte und vornehmen Dienstmannen, der Mönch möge wohl sein Gehirn erfroren haben, daß er zu solcher Jahreszeit zu einem Gartenvergnügen einlade, und rieten dem Kaiser, ihrem Herrn, der Einladung keine Folge zu geben. Aber der Kaiser ließ sich dazu nicht bewegen, hieß vielmehr die Seinen ihm folgen, und kamen zu dem Predigerkloster, wurden auch alsobald in den Garten geleitet. Da lagen alle Bäume und Sträucher dick voll Schnee, und waren alle Wege verschneit, und alles Laub und Gras war bedeckt, unter den Bäumen aber standen die Tafeln mit kostbaren Gedecken und Aufsätzen und herrliche Sessel und schmucke Diener zur Aufwartung. Dem Kaiser machte das Seltsame solcher Anordnung eine Lust, und setzte sich auf den für ihn bereiten Stuhl, da mußten die andern sich auch setzen, und die Tafel hub an. Da klärte sich der Himmel auf, und trat lieblicher Sonnenschein herfür, und verging der Schnee wie ein Dunst, und hoben sich Gras und Laub frischgrün zu Tage, und kamen Blumen aus dem Boden hervorgesproßt, und die Bäume alle trieben Laub und Blüten. Auch Vöglein kamen geflogen und sangen gar lieblich, und wurde sehr heiß allmählich, so daß der Bäume Blüten abfielen und die Fruchtkeime schwollen und die Früchte reiften. Und der Kaiser tät seine winterliche Pelzschaube ab, weil ihm allzu warm wurde, und die andern auch die ihrigen. Da nun die Mahlzeit mit großen Freuden geendet war, obschon niemand wußte, wer und von wannen die zierlichen und willfährigen Diener waren und wo die Speisen alle zubereitet wurden, da verloren sich die Diener, und die Vögel sangen nicht mehr und entflohen, die Blumen blühten ab, die Bäume wurden fahl, es ward kühl, dann kalt, die Winterschauben wurden wieder umgehangen, der Kaiser hob die Tafel auf, die Sonne verschwand, der Himmel ward grau, und auf Bäumen, Laub und Gras lag wieder Schnee. Alles eilte in das Kloster, um im warmen Refektorium vor der Kälte gesichert zu sein. Kaiser Wilhelm aber pries seinen kunstfertigen Wirt und begabte ihn und den Konvent mit Gütern reichlich und erlebte nie wieder solch wunderseltsames Gastmahl.