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Alias Umrisse des Lebensbildes von Nelly Dix-Thaesler genannt Nelly Alias Dix (1923-1955)
Elisabeth Kantzenbach

Elisabeth Kantzenbach hat das kurze Leben der Künstlerin Nelly Dix, Tochter von Otto Dix, ausführlich recherchiert und spannend aufgearbeitet. 

ISBN 978-3-937601-92-2
Preis 25 € 

Hexenprozesse in Köln

Hexenprozesse in Köln

Hetty Kemmerich

           Katharina Henot Straße
Katharina Henot Straße
Die Freie Reichsstadt Köln zählte zu Beginn des 17. Jahrhunderts mit ca. 40.000 Einwohnern zu den größten Städten im „Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation". Sie gehörte innerhalb des linksrheinischen Erzstifts zu Kurköln. In diesem großen Kurfürstentum wurden Hexenprozesse mit regional und zeitlich sehr unterschiedlicher Intensität geführt. In Kurköln gab es von ca. 1446 bis 1662 insgesamt etwa 2100 Hinrichtungen, davon ca. 80-90 % Frauen. Auf das linksrheinische Erzstift entfallen 1000, auf Westfalen 1000 und auf das Vest Recklinghausen etwa 100 Opfer.

Die meisten Todesurteile von Kurköln sind von 1617 bis 1638 vollstreckt worden in der Regierungszeit des Kurfürsten Ferdinand von Wittelsbach (1577-1650). Er regierte 55 Jahre in Kurköln als kirchlicher und weltlicher Herrscher: als Koadjutor (Verwalter) ab 1595 und als Kurfürst von 1612 bis zu seinem Tod 1650. Neben der Priesterausbildung (er selbst war nicht geweiht) und der Rekatholisierung duldete bzw. förderte er die Verfolgung der Hexen, u.a. mit einer Hexenprozessordnung von 1607 und einer Ergänzung von 1628. Somit trug er eine entscheidende Mitverantwortung.
Dagegen blieb die Anzahl der Hexenprozesse in der Freien Reichsstadt Köln relativ gering. Von 1446 - 1662 sind insgesamt etwa 100 Anklagen wegen Hexerei überliefert. Dabei wird die Anzahl der vollstreckten Todesurteile - also in 216 Jahren - auf 38 Opfer geschätzt, davon 33 Frauen, ein Mädchen; 3 Männer und ein Junge. Von ca. 36 Angeklagten ist das Schicksal unbekannt, 30 kamen frei.

Die meisten Kölner Hinrichtungen gab es zwischen 1627 und 1630: 24 Frauen und ein Mädchen; 2 Männer und 1 Junge. Die insgesamt relativ geringe Verfolgungsintensität liegt vermutlich weniger an der Rationalität der Stadträte, sondern an der „geteilten" Gerichtsbarkeit der Freien Reichsstadt Köln, die - abgesehen von 1627 bis 1630 - die Hexenprozesse bremste. Nach 1288 bzw. 1475 verlor der Kölner Erzbischof endgültig die Hoheit über die Stadt und zog nach Bonn. Die Gerichtsbarkeit wurde geteilt. Er durfte aber als ehemaliger Stadtherr die Kompetenz des Hohen Weltlichen Gerichts (HWG) mit der Zuständigkeit für Kapitalverbrechen behalten. Damit entstanden konkurrierende Gerichts-Instanzen:
1. zwischen dem Rat der Stadt und den Interessen des Erzbischofs sowie
2. zwischen den weltlichen Richtern der Stadt (mittlere Kriminaldelikte) und dem weltlichen Richtergremium des Hohen Weltlichen Gerichts (Halsgerichtsbarkeit mit Folter und Hinrichtungen), das mit zehn studierten, weltlichen Juristen dem kurfürstlichen Hofrat und damit auch dem Erzbischof unterstand. Zudem gab es zwischen beiden Lagern verwandtschaftliche Beziehungen.

Skulpturen von Katharina Henot und Friedrich Spee
Skulpturen von Katharina Henot und Friedrich Spee
Die Stadträte verfügten über das Recht von Vorermittlungen und Verhaftungen sowie der Prüfung einer Anklage. Sie untersuchten ohne Folter, ob es sich dabei um ein Kapitalverbrechen handelte oder nicht. Auch bei Hexerei-Verbrechen entschied zuerst der Rat der Stadt, ob eine Hexe/ ein Hexenmeister an das Hohe Weltliche Gericht (HWG) überliefert werden sollte. Der Magistrat nutzte diese Macht aus und untersuchte alle Anklagen, auch die wegen Hexerei, zumeist gründlich. Dem Kurfürsten bzw. dem Hofrat wurden um 1625 zu viele Angeklagte wegen Hexerei zu milde bestraft (u. a. mit Ausweisungen). Deshalb nannte Kurfürst Ferdinand den Stadtrat „Schutzpatron der Zauberer". Auffällig ist, dass manche Räte der Stadt, vor allem aber die Mehrheit der Schöffen des HWG, um 1626 ein verstärktes Interesse an Hexenprozessen zeigten: z. B. Christian Schoenenberg, Dr. Walram Blankenberg, Dr. Romeswinckel, Heinrich von Aldenhoven, Caspar Liblaer und Johann von der Dussel. Die zumeist promovierten weltlichen Richter hatten an der Kölner Juristenfakultät u.a. bei theologischen Professoren studiert und offenbar den Inhalt des Hexenhammers kennen gelernt.
Zur gleichen Zeit forderten Theologen (z.B. Glimbach und Ostermann) in Predigten die Menschen auf, Hexen zu denunzieren. Und es gab Richter, die beschlossen, mit der Ausrottung der Hexen Geld zu verdienen und gleichzeitig damit ein gutes Werk zu tun. Außerdem suchten in Kurköln - ab etwa 1620 - ca. 20 Hexenkommissare eine angemessene Beschäftigung. Der Hexenglaube fand zwar in allen Schichten stets gefährdete Gegner, aber zu viele gnadenlose und stets geschützte Verfolger. So entstand bei Hexerei neben einem verfolgungsbereiten Gericht schnell das zur Anklage nötige Gerücht.

In diesem Klima traf der von oben empfohlene Verfolgungseifer im Rheinland zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648) auch in der Stadt Köln auf begünstigende Bedingungen, z. B. verhagelte Ernten mit Hunger und Pest, Not und Elend. Die Suche nach Sündenböcken begann um 1617 bei einigen Frauen in Unter- und Mittelschicht. Im Frühjahr 1626 kam das „gemein geschrey" von zwei Kölner Bürgerinnen gerade zur rechten Zeit: es betraf die heimlich inhaftierte „Langenbergerin" (Nonne im Kölner Kloster St. Klara: Sophie Agnes von Langenberg) und Katharina Henot. Die Hinrichtung beider Frauen stand am Anfang der Kölner Hexenprozesswelle von 1627-1630. 

Bronzetafel Friedrich Spee
Bronzetafel Friedrich Spee

Friedrich Spee

In dieser Zeit schrieb Friedrich Spee (1591-1635), der vermutlich die Familie Henot kannte, bereits - außerhalb von Köln - an seinen „Rechtlichen Bedenken gegen die Hexenprozesse". Auch an ihn erinnert heute eine Skulptur am Kölner Rathaus. Ferner gibt es das Friedrich-Spee-Haus, Jesuiten Altersresidenz, Elisabeth-Breuer-Str. 63 sowie eine Gedenktafel für Friedrich Spee an der Jesuitenkirche St. Mariä- Himmelfahrt, Marzellenstraße.

 

Katharina Henot

Katharina Henot, die angesehene und wohlhabende Kölner Bürgerin (* um 1570/1575 -1627), stammte aus einer Patrizierfamilie. Ihre calvinistischen Eltern, der Kaufmann Jakob Henot (*~1532 - 1625) und seine adelige Frau Adelheid de Haan (+1604), waren um 1568 beim Aufstand gegen die Spanier aus den Niederlanden nach Köln geflohen. 

 

Einen ausführlichen Bericht über den Prozess und die Hintergründe der zu Unrecht verurteilten Katharina Henot finden Sie ab 15.01.2012 unter Katharina Henot auf der Köln Lese!

Hexenprozess gegen Christina Plum und andere Angeklagte

Vom 24.4.1629 bis September 1662 sind die Kölner Verfahren wegen Hexerei fast alle vom Gerichtsschreiber Stephan Muser protokolliert worden. Er begann mit der 24jährigen Christina Plum. Sie hatte 1629 in Köln für große Aufregung gesorgt, weil sie erzählte, ca. 20 Honoratioren der Stadt als Gäste - Hexen/ Hexenmeister - beim Sabbat gesehen zu haben. Damit brachte sie die Betroffenen, darunter auch einige Richter und Theologen, sehr zum Nachdenken. Christina wurde zwar wegen Hexerei am 16.1.1630 hingerichtet, doch danach hielten sich die Kölner Richter mit Hexenprozessen zurück. Es folgten vermutlich nur noch fünf weitere Hinrichtungen, darunter 1645 ein Junge (Peter Rodenkirchen, 12 J.) sowie zwei Frauen und zwei Mädchen. Nach Aeltgen Dünwald (Adelheid Dunwaldt, Ehefrau des Peter von der Linden, *1555, + 7.11.1629), einer als Hexe auf Melaten hingerichteten Hebamme, wurde die Aeltgen-Dünwald-Straße in Köln benannt. Ihre Leiche wurde in einem Strohhäuschen zu Asche verbrannt.

Ab etwa 1635 gerieten zunehmend auch vagabundierende Kinder, zumeist Waisen - zur Disziplinierung der Gesellschaft - in Hexenprozesse, z.B. in Köln die zehnjährige Entgen Lenarts. Sie zog mit zwei Geschwistern schon einige Zeit bettelnd durch die Stadt. Der Vater war erschossen worden und die Mutter zu einem anderen Mann gezogen. Entgen brachte sich selbst als „Teufelsliebchen" ins Gerücht und die Stadträte holten sie in den Gefängnisturm. Das Mädchen erzählte den beiden Vernehmungsrichtern bereitwillig - in ortsüblichen Bildern - von ihrem Teufelspakt, von der Buhlschaft, von den Besuchen auf Tanzplätzen und einem versuchten Schadenszauber an ihrem Bruder. Nach zwei Verhören im Mai 1653 wurde sie an das HWG geliefert und blieb noch zwei Jahre im Gefängnisturm. Im „Hexenprothocoll" heißt es: am Donnerstag, 18. Februar 1655, zum Tode „condemnirt" (verurteilt) und am gleichen Tag zu Melaten erst enthauptet, dann verbrannt. Die Schlussbemerkung lautet: „Deus miseriatur animae puellae istius" [Gott erbarme sich der Seele dieses Mädchens]. Damit endete - nach bisheriger Aktenlage - das Hinrichten von Hexen in Köln. Alle folgenden Hexerei-Anklagen lehnte das Kölner Gericht ab.

*** 

Fotos: 

Katharina Henot Straße, Bronzetafel Friedrich Spee von Hartmut Hegeler (http://www.anton-praetorius.de/ ; http://de.wikipedia.org/wiki/Hartmut_Hegeler)

Skulpturen von Katharina Henot und Friedrich Spee Fotografin des Konservators in Köln, Dorothea Heiermann
 

weitere Informationen zum Thema: http://www.deutschland-lese.de/index.php?article_id=316 

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