Rainald von Dassel
Florian Russi
Er war von 1159 bis 1167 Erzbischof von Köln, hat sich aber insgesamt nicht mehr als eineinhalb Jahre in der Stadt aufgehalten. Dennoch gehört der Mann mit dem einprägsamen Namen zu den berühmtesten und bedeutendsten Kölnern. Mit den Reliquien der „Heiligen drei Könige" hat er der Stadt ein überaus wertvolles Geschenk gemacht. Er war engster Vertrauter und Kanzler des Kaisers Friedrichs I. von Staufen, der unter seinem Beinamen Rotbart bzw. Barbarossa bis heute allen deutschen Schulkindern bekannt ist. Barbarossa herrschte von 1152 bis 1190 zunächst als König dann (seit 1155) als Kaiser über das „Heilige Römische Reich Deutscher Nation". Er war einer der bedeutendsten Regenten des Mittelalters. Allerdings wurde ihm seine Macht von innen und außen streitig gemacht. Im Inneren waren es deutsche Fürsten, die sich der zentralen Gewalt des Königs und späteren Kaisers entgegenstemmten, bzw. ihm sie streitig machen wollten. Von außen war es vor allem der Papst, der seine politische Macht in Italien durch Barbarossa bedroht sah.
Hauptauseinandersetzung zwischen Papst und Kaiser aber war der sogenannte Investiturstreit. Dabei ging es um die Frage, wem von beiden das Recht zustand, Bischöfe zu ernennen. Da die Bischöfe im deutschen Reich zugleich auch Landesherren waren, kam dieser Frage eine sehr große politische Bedeutung zu. In dieser Situation war Friedrich I. froh, in Rainald von Dassel einen sehr fähigen und wirkungsmächtigen Berater und Strategen gefunden zu haben.
Rainald von Dassel wurde in der Zeit zwischen 1114 bis 1120 als zweiter Sohn eines niedersächsischen Grafen geboren. Da er als Zweitgeborener keinen Anspruch auf die Nachfolge seines Vaters hatte, wurde ihm, wie damals üblich, eine geistliche Laufbahn zugewiesen. Er studierte in Paris unter anderem bei dem hoch angesehenen Philosophen Adam Parvipontanus. Anschließend trat er in die Dienste des Bistums Hildesheim und wurde 1148 zum Dompropst geweiht. 1146 begleitete er den politisch einflussreichen Benediktinerabt Wibald von Stablo nach Rom und trat dadurch in Kontakt zum Hofadel. 1148 vertrat er den Bischof von Hildesheim auf dem Konzil von Reims. Dort machte er als Redner auf sich aufmerksam und durchlief anschließend eine Karriere als Propst in verschiedenen Bistümern. 1153 verzichtete er zugunsten eines anderen Kandidaten auf die Wahl zum Bischof von Hildesheim, blieb diesem Bistum jedoch bis zu seinem Tod eng verbunden.
Von Dassels Gelehrsamkeit und sein diplomatisches Geschick machten Kaiser Friedrich I. - Rotbart auf ihn aufmerksam. Der ernannte ihn zum Kanzler des Reichs und beauftragte ihn mit vielen politischen Missionen. Er war es auch, der die Wahl von Dassel als Kölner Erzbischof durchsetzte. Das war vor allem auch ein politischer Schachzug. Köln gehörte zu den bedeutendsten Fürst-Bistümern im Deutschen Reich. Zum Priester ließ sich von Dassel erst im Jahr 1165 weihen. Im Jahr seiner Ernennung zum Kölner Erzbischof ernannte Barbarossa ihn zugleich zum Erzkanzler von Italien, von dem ein großer Teil damals zum Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation gehörte. Das führte dazu, dass sich der so Geehrte mehr in Italien als in seinem Bistum aufhalten musste. Bei der Eroberung von Mailand durch kaiserliche Truppen erbeutete Barbarossa unter anderem die Reliquien der „Heiligen drei Könige" und machte sie seinem Kanzler zum Geschenk. Der ließ sie in sein Bistum verbringen, wo sie in einem kunstvoll aus wertvollen Materialien hergestellten Schrein, dem sogenannten „Dreikönigsschrein" untergebracht wurden. Zur damaligen Zeit hatten Reliquien einen heute kaum noch vorstellenbaren Wert. Sie bildeten eine große Attraktion für Pilger und Wallfahrende.
Im Auftrag des Kaisers nahm von Dassel immer wieder Einfluss auf die Kirchenpolitik und auf Papstwahlen. 1160 leitete er zusammen mit dem Erzbischof von Mailand das Konzil von Pavia und unterstützte die Ernennung des Kardinals de Monticelli zum Gegenpapst zu Papst Alexander III. Im Jahr 1166 bereitete er einen Feldzug Barbarossas in Italien vor. Vernichtend schlug er die päpstliche Armee, doch bei der anschließenden Belagerung Roms erkrankte er an der Malaria oder der Ruhr und verstarb. Seine Gebeine wurden nach Köln verbracht und in der Marienkapelle des Kölner Doms vor dem berühmten Flügelaltar von Stephan Lochner bestattet.
Heute kann man nur noch schwer nachvollziehen, dass im Mittelalter auch kirchliche Streitfragen mit blutigen Kriegen ausgetragen wurden. Jedoch erwiesen sich Pest, Malaria oder andere Seuchen oft als die Stärkeren.
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Teaserfoto: wikimedia; Rainald von Dassel - Portrait auf dem Dreikönigenschrein im Kölner Dom- gemeinfrei