Die meisten Kölner Hinrichtungen gab es zwischen 1627 und 1630: 24 Frauen und ein Mädchen; 2 Männer und 1 Junge. Die insgesamt relativ geringe Verfolgungsintensität liegt vermutlich weniger an der Rationalität der Stadträte, sondern an der „geteilten" Gerichtsbarkeit der Freien Reichsstadt Köln, die - abgesehen von 1627 bis 1630 - die Hexenprozesse bremste. Nach 1288 bzw. 1475 verlor der Kölner Erzbischof endgültig die Hoheit über die Stadt und zog nach Bonn. Die Gerichtsbarkeit wurde geteilt. Er durfte aber als ehemaliger Stadtherr die Kompetenz des Hohen Weltlichen Gerichts (HWG) mit der Zuständigkeit für Kapitalverbrechen behalten. Damit entstanden konkurrierende Gerichts-Instanzen:
1. zwischen dem Rat der Stadt und den Interessen des Erzbischofs sowie
2. zwischen den weltlichen Richtern der Stadt (mittlere Kriminaldelikte) und dem weltlichen Richtergremium des Hohen Weltlichen Gerichts (Halsgerichtsbarkeit mit Folter und Hinrichtungen), das mit zehn studierten, weltlichen Juristen dem kurfürstlichen Hofrat und damit auch dem Erzbischof unterstand. Zudem gab es zwischen beiden Lagern verwandtschaftliche Beziehungen.
In diesem Klima traf der von oben empfohlene Verfolgungseifer im Rheinland zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648) auch in der Stadt Köln auf begünstigende Bedingungen, z. B. verhagelte Ernten mit Hunger und Pest, Not und Elend. Die Suche nach Sündenböcken begann um 1617 bei einigen Frauen in Unter- und Mittelschicht. Im Frühjahr 1626 kam das „gemein geschrey" von zwei Kölner Bürgerinnen gerade zur rechten Zeit: es betraf die heimlich inhaftierte „Langenbergerin" (Nonne im Kölner Kloster St. Klara: Sophie Agnes von Langenberg) und Katharina Henot. Die Hinrichtung beider Frauen stand am Anfang der Kölner Hexenprozesswelle von 1627-1630.
In dieser Zeit schrieb Friedrich Spee (1591-1635), der vermutlich die Familie Henot kannte, bereits - außerhalb von Köln - an seinen „Rechtlichen Bedenken gegen die Hexenprozesse". Auch an ihn erinnert heute eine Skulptur am Kölner Rathaus. Ferner gibt es das Friedrich-Spee-Haus, Jesuiten Altersresidenz, Elisabeth-Breuer-Str. 63 sowie eine Gedenktafel für Friedrich Spee an der Jesuitenkirche St. Mariä- Himmelfahrt, Marzellenstraße.
Vom 24.4.1629 bis September 1662 sind die Kölner Verfahren wegen Hexerei fast alle vom Gerichtsschreiber Stephan Muser protokolliert worden. Er begann mit der 24jährigen Christina Plum. Sie hatte 1629 in Köln für große Aufregung gesorgt, weil sie erzählte, ca. 20 Honoratioren der Stadt als Gäste - Hexen/ Hexenmeister - beim Sabbat gesehen zu haben. Damit brachte sie die Betroffenen, darunter auch einige Richter und Theologen, sehr zum Nachdenken. Christina wurde zwar wegen Hexerei am 16.1.1630 hingerichtet, doch danach hielten sich die Kölner Richter mit Hexenprozessen zurück. Es folgten vermutlich nur noch fünf weitere Hinrichtungen, darunter 1645 ein Junge (Peter Rodenkirchen, 12 J.) sowie zwei Frauen und zwei Mädchen. Nach Aeltgen Dünwald (Adelheid Dunwaldt, Ehefrau des Peter von der Linden, *1555, + 7.11.1629), einer als Hexe auf Melaten hingerichteten Hebamme, wurde die Aeltgen-Dünwald-Straße in Köln benannt. Ihre Leiche wurde in einem Strohhäuschen zu Asche verbrannt.
Ab etwa 1635 gerieten zunehmend auch vagabundierende Kinder, zumeist Waisen - zur Disziplinierung der Gesellschaft - in Hexenprozesse, z.B. in Köln die zehnjährige Entgen Lenarts. Sie zog mit zwei Geschwistern schon einige Zeit bettelnd durch die Stadt. Der Vater war erschossen worden und die Mutter zu einem anderen Mann gezogen. Entgen brachte sich selbst als „Teufelsliebchen" ins Gerücht und die Stadträte holten sie in den Gefängnisturm. Das Mädchen erzählte den beiden Vernehmungsrichtern bereitwillig - in ortsüblichen Bildern - von ihrem Teufelspakt, von der Buhlschaft, von den Besuchen auf Tanzplätzen und einem versuchten Schadenszauber an ihrem Bruder. Nach zwei Verhören im Mai 1653 wurde sie an das HWG geliefert und blieb noch zwei Jahre im Gefängnisturm. Im „Hexenprothocoll" heißt es: am Donnerstag, 18. Februar 1655, zum Tode „condemnirt" (verurteilt) und am gleichen Tag zu Melaten erst enthauptet, dann verbrannt. Die Schlussbemerkung lautet: „Deus miseriatur animae puellae istius" [Gott erbarme sich der Seele dieses Mädchens]. Damit endete - nach bisheriger Aktenlage - das Hinrichten von Hexen in Köln. Alle folgenden Hexerei-Anklagen lehnte das Kölner Gericht ab.
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Fotos:
Katharina Henot Straße, Bronzetafel Friedrich Spee von Hartmut Hegeler (http://www.anton-praetorius.de/ ; http://de.wikipedia.org/wiki/Hartmut_Hegeler)
Skulpturen von Katharina Henot und Friedrich Spee Fotografin des Konservators in Köln, Dorothea Heiermann
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